Heute morgen startete ich entlang der Küste von Matosinhos. Mit dem Nebel, dem wolkenverhangenen Meer und den riesigen kreischenden Möwen (in ihrer Größe mir eher wie Albatrosse anmutend) hatte das Ganze etwas Gespenstisches an sich. In den kleinen Gässchen stand der Geruch von Fisch, der hier sonst direkt vom Fang in den aktuell noch geschlossenen Restaurants verkauft wird. (Aufgrund der Größe der Möwen schließe ich darauf, dass diese ungefragt auch ihren Teil davon abbekommen.)
Es geht weiter vorbei am Hafen, an großen Container- und Kreuzfahrtschiffen, und schnell zieht auch der Himmel auf und es ist den Tag über sonnig. Der Weg führt fast die ganze Zeit am Meer entlang, im Zickzack auf befestigten Holzstegen.

Unterwegs begegnen mir auch die ersten Pilger und ich gebe mir Mühe, den scheinbar hier nicht so verbreiteten Pilgergruß „Buen Camino“ zu etablieren. Umgekehrt fällt es mir eher noch schwer, mich an die portugiesische Sprache zu gewöhnen, ich bin weiterhin dazu geneigt, „Gracias“ und „Buenos Dias“ zu sagen, anstelle von „Obrigado“ und „Bom dia“.
Um etwas Abstand zur prallen Sonne zu bekommen, mache ich viele kleine Pausen, beobachte Menschen- und Tierwelt (Habt ihr schonmal eine lebende Muschel sich über einen Stein bewegen sehen?) und esse ein Eis, welches etwa alle 200m an der Strandpromenade angeboten wird.
In der Nachmittagssonne zieht sich der Weg zunehmend und ich erreiche gegen 17 Uhr die öffentliche Pilgerherberge von Vila do Conde. Leider ist diese schon „completo“, sodass ich mich wohl oder übel nach einem anderen Schlafplatz umsehen muss und nochmal eine dreiviertel Stunde die Stadt durchquere.
Als ich das Hostel erreiche, begrüßen mich meine Zimmernachbarinnen und wir verabreden uns zum Abendessen. In den Gesprächen stellt sich heraus, dass jeder der Anwesenden auch in der öffentliche Herberge hatte nächtigen wollen, welche wohl aber bereits vor 15 Uhr schon voll gewesen sein musste. Auch über die Länge der Tagesetappe wird gesprochen. Während mein Buch von 24 km ausgeht, erzählt eine Mitpilgerin, sie sei 33 km gelaufen – trotz Start im gleichen Ort. Meine Armbanduhr sagt knapp 42.000 Schritte, die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.
Als ich mich nach dem Essen zum Baden im Meer verabschiede, bekomme ich nur große Augen. Am Ende sehe ich bei sehr hohem atlantischem Wellengang tatsächlich davon ab, mich in der Dunkelheit ins Meer reißen zu lassen, ob dessen das schon fast passiert, wenn ich nur am Strand entlang laufe.
Heutige Erkenntnis: Die Pilger hier scheinen gemütlicher unterwegs zu sein – viele sind zu zweit unterwegs, als Pärchen oder Eltern-mit-erwachsenen-Kindern-Gespann – und starten teilweise erst gegen 10 Uhr!
Morgiges Ziel: Fão