Am morgen ärgerte ich mich gleich über zwei Tierbekannschaften des vergangenen Abends: erstens die Mückenstiche an beiden Fußrücken und zweitens die Hunde-Hinterlassenschaften, die ich am Morgen auf nüchternen Magen aus meinen Schuhen kratzen musste.
Nach diesem Start folgte dann das nächste Missgeschick: den falschen Pilgern hinterher und gleich mal verlaufen. Aus Viana do Castelo herauszugelangen war etwas wie im Escape-Game: ständig ein Bahngleis oder eine Mauer, die sich nicht Überwinden ließ… Doch eines muss man den Portugiesen an dieser Stelle zu Gute halten: kaum Ampeln, viele Kreisverkehre und noch viel mehr Zebrastreifen, sodass man als Fußgänger fast immer auf irgendeine Art und Weise vorfahrtberechtigt ist.

Nach etwa einer Stunde hatte ich es dann doch aus der Stadt geschafft und es ging weiter am Meer entlang, inklusive Frühstückssnack mit Apfel und Croissant vor Küstenpanorama.
Nach dem Meer folgte dann auch heute wieder ein Aufstieg in die recht ursprünglichen Bergdörfer, in denen die Autos fast fehlplatziert wirkten. Nach jedem Anstieg folgte der nächste, doch schlussendlich ging es durch die bekannten Eukalyptuswälder den Berg hinab und zurück ans Meer.
Das etwas ernüchternde Nachmittags-Resümee von „nur noch 10 km“ (exklusive einer weiteren Verlaufung) eliminierte ich mit positiven Gedanken und exzessiver Lobpreismusik entlang der einsamen Strandpromenade. Schnell kam in der Ferne dann der Ausblick auf die gegenüberliegende spanische Küste in Sicht.

So angetrieben flog ich dann auf müden Füßen fast in Richtung Caminha (leider dabei aber je eine Blase an den beiden Kleinzehen eingespielt).
Dort dann eine weitere Ernüchterung: Herberge 1 mit „Completo, no vacancy“-Schild, und vor Herberge 2 saßen dann ebenfalls bereits einige Pilger in ihren Smartphones nach Alternativen suchend – weil ebenfalls voll. So schmiss ich mich auch in einen der Stühle und tat es ihnen gleich – als plötzlich eine nette Frau aus der Tür kam, feststellte wie müde wir alle aussahen und meinte, sie habe auf dem Markt viel zu viele Maracujas gekauft und jedem eine anbot. Im Handumdrehen war dann doch noch eine Herberge online gefunden (Gottvertrauen regelt) und wir verabredeten uns spontan für einen Kaffee. Auf dem Markt bei Akkordeonmusik und Heißgetränk sitzend, stellte sie sich als Anna vor, die vor Jahren mal aus Deutschland nach Porto habe auswandern wollen, was nicht geklappt hatte, und jetzt sei sie regelmäßig zum Urlaub hier.
Dem Nachmittag schloss sich ein Abend an und da Anna nicht nur zu viele Maracujas, sondern auch Gambas, Salat und Spaghetti gekauft hatte, lud sie mich zum Abendbrot ein. Wir kochten also gemeinsam in der kleinen Küche des Hostel, das mich am Nachmittag noch abgewiesen hatte. Neben uns kochten natürlich auch noch alle anderen Mitpilger gleichzeitig ihre eigenen Mahlzeiten – ein freundlich-chaotisches, mehrsprachiges Durcheinander! Da Anna natürlich von allem zu viel hatte, bekam jeder zu seiner eigenen Portion von ihr noch eine Portion Gambas dazu.

Am Ende wurde es ein 3-Gänge-Menü: als Entrada frisches Brot mit Ziegenkäse und Tomaten-Marmelade (klingt weird, ist aber richtig richtig lecker), dann Spaghetti mit Salat und Gambas (my first time, Kopf und Schale abpellen, dann Inhalt essen) und als Nachtisch Mousse au chocolate.
(Achso und um an dieser Stelle noch ein was klar zu stellen: Ich war in dieser Konstellation natürlich nicht die, die primär gekocht hat – ich habe Salz in den Nudeltopf getan, kompetent Salatblätter gerupft und das Nestlé-Dessert beigesteuert – und mich dadurch zurückversetzt gefühlt an die Zeiten in meiner Quasi-WG in Dresden Blochmannstraße 🫶🏻)
Am Ende wurde es ein lustiger Abend mit Kommen und Gehen am runden Gemeinschaftstisch, vollen und leeren Vino-Verde-Gläsern und schließlich einer doch vorzeigbaren sauberen Küche.
Final verabschiedete ich mich dann in meine eigene Unterkunft und bin gespannt auf das, was morgen kommt.
Morgiges Ziel: São Pedro da Torre, immer am Rio Miño entlang.
Heutige Erkenntnis: The joy of the lord is my strength!!