🎶 „Eviva España – Die Sonne scheint bei Tag und Nacht…“ 🎶 – Heute Morgen war weder noch der Fall, es war stockdunkel und regnete. Die Dunkelheit zumindest dürfte dem aufmerksamen Leser (und mir dann auch irgendwann) erklärlich sein – das war der gestrigen Umstellung auf die spanische Zeit geschuldet. Und so packte ich das Regencape und ja, sogar meine Stirnlampe aus, die ich bisher schon als sinnlosesten mitgebrachten Gegenstand klassifiziert hatte.

Meine Füße dachten sich indes von Tag zu Tag immer abwechselnd neue Stellen und Druckpunkte aus, die einem das Laufen erschweren konnten – aber von sowas lässt man sich ja nicht den regnerischen Tag verderben!

Da unterwegs alle Cafés noch geschlossen hatten, ließ das Frühstück etwas auf sich warten. So erreichte ich im Sprühregen das Dörfchen Mos. Und ob ihr’s glaubt oder nicht – in Mos war dann tatsächlich endlich was los! (#AchtungWortwitztag) Dort tummelten sich im einzigen offenen Café bereits die ersten Pilger und ich gesellte mich mit Kaffee und Tost zu zwei Mädels aus New York. Es wurde ein unterhaltsames Frühstück, „I mean look at us, we can walk 25 kilometres a day but are not able to open the butter cup!“ (Schau uns an, wir pilgern 25 km am Tag, aber schaffen es nicht, die Butterverpackung auf zu kriegen!)

Der Sprühregen verstärkte sich zu Bindfäden, dann zogen die Wolken aber schließlich doch auf. Den weiteren Weg lief ich zusammen mit einem Amerikaner aus Louisiana und einem gebürtigen Holländer, ihres Zeichens Arbeitskollegen kurz vor der Rente und meine Tischnachbarn vom vorgestrigen Abend. So erkundeten wir zusammen die verschiedenen Obstsorten des Weges: von Weintrauben (sehr lecker), über Feigen (nach Entfernung der Proteinbeilage auch sehr lecker) sowie Kiwis, Zitronen, Äpfel und Birnen (noch unreif).

Unterwegs sammelten wir an einem kleinen Verkaufsstand für je 1,50 Euro noch einen besonderen wachsgesiegelten Stempel in unseren Pilgerpass ein und scherzten, dass man es damit echt zu Reichtum bringen kann (ca. 1 Stempel pro Minute entspricht 60 Stempel pro Stunde, also 90 € Stundenlohn) 😅.

In Redondela gab es für uns dann Pancakes (die hier wie fast alles „Tortillas“ heißen) mit Schokolade und Beeren. Mein inzwischen abgelegtes aber geschätztes „Mülltüten-Cape“ konnte ich dabei gerade noch vor dessen Entsorgung durch den Cafébesitzer retten.

Danach seilte ich mich ab und lief einen Umweg in Richtung Strand, da dies wahrscheinlich die letzte Möglichkeit war, vor Santiago nochmal Meer zu sehen. So entdeckte ich nebenbei noch eine weitere unbekannte Frucht, die ich zunächst für eine Aprikose hielt. Frage in die Runde, hat das schonmal jemand gesehen?

Die Suche nach dem Strandzugang gestaltete sich schwieriger als erwartet und ich musste Anwohner in dürftigem Spanisch nach dem Weg fragen. Am Ende führte es mich vor ein abgesperrtes, verlassenes Grundstück, was ich quasi als meinen persönlichen „Privatstrand“ interpretierte (oder um es nicht gleich Strand zu nennen – zumindest eine gemauerte Treppe ins Wasser). Dort verbrachte ich den Nachmittag, schwamm im wellenarmen Wasser, sammelte mir danach den Seetang von den Schultern und fühlte mich unglaublich erholt!

Und am Ende der Straße liegt ein Haus am See…

Die Ankunft in der Herberge war dann etwas unsanft, da ich es aufgrund eines Missverständnisses gewagt hatte, meinen Rucksack schon ohne Einweisung neben einem Bett zu platzieren, was der Herbergsinhaberin so eher nicht gefiel. Wir wurden auch über den Abend keine dicken Freunde, das Pilgermenü war eher spärlich und um Längen weniger herzlich als noch zwei Abende zuvor. Dafür attackierte ich im Anschluss mit den beiden amerikanischen Pilgerfreunden den breitgewachsenen Feigenbaum im Herbergsgarten, dessen Früchte zwar außen komplett grün waren, aber innen wie ich lernte trotzdem schon reif und saftig. Unsere Beute verzehrten wir teils direkt beim Ernten, teils verbotenerweise im Schlafsaal (gab diesmal aber weder Kläger noch Richter). Glaube jetzt sind in meinem Magen so 15-20 Feigen?

Morgiges Ziel: Wahrscheinlich Pontevedra, trotz Kurzstreckendistanz.

Heutige Erkenntnis: Immer mal vom Weg abkommen tut gut – und nicht immer gleich aufhalten lassen!

PS und Auflösung: Bei obiger Frucht handelt es sich, wie ich herausfand, um die Frucht der Blauen Passionsblume, also eine Art Passionsfrucht, die auch ähnlich schmeckt, nur etwas bitterer.