Heute Morgen wurde ich von den krähenden Hähnen und dem Geruch von frischem Toast geweckt. Ich gesellte mich mit zu den anderen eifrigen Pilgern, die bereits frühstückten, um dann zu starten.
Nach wenigen Kilometern erreichte ich die Stadt Caldas de Reis, die für ihre Thermalquellen bekannt ist. Tatsächlich fand sich dort in steinernen Becken heißes, dampfendes Quellwasser.
Der Weg führte heute wieder durch Wälder und an Flussläufen entlang, es war weiterhin viel Pilgerschaft unterwegs, doch ich hatte mich gut mit Essen und Snacks eingedeckt und war nicht auf die hiesigen Bars angewiesen.
Schließlich galt es, den Abzweig Richtung Kloster Herbón nicht zu verpassen, wo ich heute übernachten wollte. Entlang einer Teerstraße in der Sonne zog sich die Etappe jedoch allmählich und ich begann mich zu fragen, warum ich diesen Umweg überhaupt eingeschlagen hatte. Im weiteren Verlauf wurde der Weg immer schmaler und mündete am Ende in einen Trampelpfad durch Walddickicht, der nicht so aussah, als wäre hier in letzter Zeit mal irgendjemand entlang gelaufen. Ich fragte mich, was ich hier eigentlich machte und bekam mich beschlich die Angst, ob ich denn heute Abend allein mit drei Mönchen am Tisch sitzen würde?
Die letzten Meter hinauf zum Kloster kam mir eine Frau entgegen und rief „You’re 26!“ (Du bist 26!) Ich war verwirrt, bog um die Ecke und sah dort schon eine Schaar an Pilgern in der Sonne warten. Wo kamen die denn alle her?! Wie ich erfuhr, sollte ich meinen Rucksack doch mit an die Wand in die Reihe der anderen wartenden Rucksäcke stellen – sodass er stellvertretend meine Nummer 26 von 30 maximal belegbaren Betten einnahm. Ich schmiss also das Gepäck in die Ecke und setzte mich mit an den Bordstein zu einer wartenden Jungsgruppe. Mir wurden Bier und Zigarre angeboten (was ich dankend ablehnte 😅), und dann saßen wir dort und warteten auf Einlass. (Kennt ihr die Reality-Sendung, wo Jugendliche im Kloster ihr Benehmen verbessern sollen? – Hab mich bisschen so gefühlt 😄) Generell schien sich hier heute vor allem die junge Pilgerschaft eingefunden zu haben (wahrscheinlich aufgrund des günstigen Preises, da alles auf Spendenbasis war).


Punkt um 4 öffnete sich die Tür, jeder bekam der Reihe nach ein Bett zugewiesen und die Hausregeln erklärt. Da dem Dinner eine Messe vorangestellt war, welche erst 20 Uhr stattfinden sollte, verbrachten wir die Zeit im Garten des Klosters in Gesprächen oder im Studium des morgigen Weges vertieft. Vorher gab’s sogar noch eine kurze Führung im Gelände von einer freundlichen, grauhaarigen Hospitaliera. So erfuhren wir in wilden Kombinationen von Spanisch und halb-übersetzem Englisch, dass alles hier von Freiwilligen geleitet wird und die traditionelle Bruderschaft nur noch aus 4 Mönchen bestehe, von welchen einer wohl heute verstorben sei. (Er ruhe in Frieden.)
Der Jüngste seiner beiden Kollegen, 88 Jahre alt, hielt dann die Predigt, welche komplett in Spanisch war. Ich verstand leider nichts, versuchte aber zumindest an den richtigen Stellen aufzustehen und mich zu setzten. Am Ende wurden alle Pilger nach vorn geholt und gebeten den Segen in ihrer Landessprache vorzulesen. Wie vielfältig doch die verschiedenen Sprachen und Menschen sind!
21 Uhr gab es dann das lang ersehnte Abendbrot für alle an zwei großen, langen Tischen. Das Essen war einfach, aber reichlich und lecker (Salat, Brot und Linsensuppe, nur leider ohne Wein 😉). Als Nachtisch gab es Geröstete Maronen, die hier überall wachsen und den Pilgern beim Laufen ständig vor die Füße rollen. „Hab‘ ich noch nie gegessen“, sagte ich und bis herzhaft hinein, im selben Moment als jemand sagte, dass man die Schale natürlich nicht mitessen könne. Ups!
Punkt 22.30 Uhr war Nachtruhe und wir wurden gebeten alle Handywecker für morgen auszuschalten, da 6.45 Uhr eh alles im Haus geweckt wird. Wie wir es mit 30 Leuten und je 2 Duschen, Waschbecken und Toiletten bis 7 Uhr zum Frühstück schaffen sollen, wird sich dann morgen zeigen. Gute Nacht!
Morgiges Ziel: SANTIAGO – nochmal eine lange Wegstrecke bis dahin!
Heutige Erkenntnis: Es findet sich immer ein Weg. Und: Maronen ohne Schale!