Begleitet von “frischer Landluft” ging es am Morgen nach Mansilla de las Mulas. Als ich unterwegs einen der Meilensteine passierte, die die verbleibenden Kilometer bis Santiago aufzeigen, wurde mir klar, dass ich mittlerweile über die Hälfte meines Weges zurückgelegt hatte – also mehr als 350 km 🥳

Auf die übliche, unerklärliche Camino-Weise, die ich mittlerweile einfach als gegeben angenommen hatte, fand ich mich mit einigen anderen Pilgern in der selben Bar wieder zum Frühstück ein und auch danach kreuzten sich unsere Wege immer wieder in Richtung León.

Hinter einer Autobahnbrücke sprang dann plötzlich eine Mitpilgerin mit einer Packung Nüsse hervor, alle stärkten sich und eine hinzugekommene Pilgerin erzählte nebenbei, dass sie in ihrer Heimat Motivations-Tanzkurse gebe. Sofort waren alle Feuer und Flamme, und sie wurde gebeten, uns eine kleine Kostprobe zu geben. So fand sich auf einer Wiese am Rande des Weges eine kleine Tanzgruppe ein, welche bei fröhlichen Rhythmen dazu angehalten war, ihre aktuelle Stimmung in Form von Bewegungen auszudrücken – kritisch beäugt von anderen Pilgern, die des Weges kamen.

Beschwingt ging es danach weiter durch die Tristesse der vorstädtischen Industriegebiete, bis wir schließlich die weitaus sehenswertere Innenstadt von León erreichten. Auch hier gaben Musik und Gesang den Ton an – vor der Iglesia de Santa María sang und spielte eine Musikantengruppe spanische Volkslieder.

Unter instrumentaler Begleitung setzten wir uns also in ein Café am Platz und genossen die warme Sonne, das kalte Bier und den heißen Kaffee – sowie Tapas, die hier in León traditionell zu jedem Getränk dazu gereicht werden.

Dabei bemerkten wir gar nicht, dass die Musikantengruppe ihre Feierlichkeiten in Richtung des Bierausschankes verlagert hatten und daher nun direkt neben uns lautstark spanische Hymnen anstimmten. Nach jedem Lied wurde zum Bierkrug gegriffen, einmal an der Zigarette gezogen, diese dann in den Gitarrenbund geklemmt und dann weitergesungen. Ein unglaublich amüsantes Schauspiel, von dem es jedoch leider nur einige verwackelte Videoaufnahmen gibt. Mich hat aber vor allem der wirklich gute Gesang des Männerchors und die Herzensfreude der Sänger und Musikanten überzeugt.

Danach bezog ich die Herberge im Benediktinerkloster und bekam hier schon zu Beginn das Gefühl, dass die Regeln etwas strenger waren. Eine Nacht länger bleiben? – nur bei Krankheit oder Verletzung (was ja zum Glück beides nicht zutrifft).

Am Abend verabredeten wir uns in einem Restaurant nahe der Kathedrale, jemand bestellte einen Tisch für sieben, am Ende waren wir zu zehnt, und dennoch wurde vor Ort sofort Platz für alle geschaffen. Die allgemeinen Bestellschwierigkeiten aufgrund der ausschließlich spanischen Speisekarte wurden letztendlich doch mit einem leckeren Menü belohnt.

Bereits 22:05 Uhr erreichte ich das Kloster – und stand vor verschlossener Tür, bei der ein Schild besagte “hora de cierre 22 en puncto” (Sperrstunde 22 Uhr). Beim Empfang aber war doch 22:30 Uhr gesagt worden?! Als ich am Tor rüttelte, ertönte von drinnen nur unverständliches Gebrummel, jedoch ohne zu Öffnen. Eine weitere Pilgerin kam hinzu, wir klingelten, nichts passierte. Nach einigen Minuten dann Schlüsselgeräusche und Öffnung des Tores – gefolgt von der Entschuldigung, dass man sich in der intern geänderten Uhrzeit geirrt habe. Also doch noch mal Glück gehabt 🤭

Morgen lege ich dann hier, in der alten Königsstadt León, einen Pausetag ein.

Hasta mañana und Gracias für alle bisherigen Spenden!