Aufgrund einer Wegvariante entlang des Stausees startete ich aus Portomarín heute morgen ganz entspannt ohne strömende Pilger. Was für eine Ruhe!

Nach einiger Zeit war ich jedoch froh, in der ersten Bar wieder (auf die übliche unerklärbare Weise) einige Bekannte zur gleichen Zeit anzutreffen. Die Bedienung schrieb sich die jeweiligen Namen auf und schickte uns mit unserem Kaffee an den Tisch. Nach einiger Zeit wurden wir mit strenger Stimme aufgerufen, um uns unsere Toasts abzuholen – von einer Beteiligten treffend zusammengefasst als “Shouting my name like that I feel like I’ve done something wrong and have to go to the headmaster..” (Wenn sie meinen Namen so ruft, fühle ich mich, als habe ich was angestellt und werde zum Schulleiter einbestellt!)

Am Ende aber kein Grund zur Sorge – ein sehr leckeres Frühstück! Beim Tisch-Abräumen blieb seitens einiger Mitpilger sogar ein kleines Lob hängen für die krümelfreie, deutsche Tischhälfte 🤭

Der Weg heute war weiterhin schön grün und bewaldet, das Wetter ließ sich am ehesten als durchwachsen beschreiben, gemäß dem bereits trainierten Regencape-an-und-aus-Stil.

Einen weißhaarigen Italiener überholend, der in seiner Jackentasche Musik laufen hatte, konnte ich gar nicht anders und blieb hängen. So gingen wir die Melodie summend nebeneinander her und stimmten dann zusammen den Refrain des Bee-Gees-Songs an, weil das offenbar der einzige Text zu sein schien, den wir beide kannten. Da aufgrund unserer beider Sprachkenntnisse mehr als ein Austauschen der Namen sowieso nicht möglich war, blieben wir also auf der musikalischen Verständigungsebene.

Im nächsten Café tranken wir einen Kaffee zusammen, ich traf wieder auf andere Leute und die nette Begegnung war beendet. Aber so Gott will, sieht man sich vielleicht noch einmal wieder.

Am Nachmittag erreichte ich die Herberge in Palas de Rei. Vom heutigen italienischen Gastgeber wurde ich hier eher nüchtern bis mürrisch begrüßt, obwohl ich mir alle Mühe gab dem entgegenzuwirken. Er saß an einem Schreibtisch in einem kleinen Mehrzweckraum, welcher sowohl Rezeption, als auch Speiseraum, als auch Wäsche, als auch eine dürftige Küche beinhaltete.

Ein paar Momente später fand ich mich mit einigen anderen Pilgern in einer kleinen Bar nahe der öffentlichen Herberge wieder, welche sich als wahrer Pilger-Umschlagpunkt entpuppte. Innerhalb der nächsten Stunden hatte JEDER Pilger mindestens einmal hier am Tisch gesessen, Stühle wurden hinzugestellt und immer mehr leere Biergläser sammelten sich. Ich flitzte in den Supermarkt um die Ecke, um ein paar Snacks zu besorgen, die sofort vom wechselnden Publikum weggeatmet wurden. Nebenbei lernte ich Techniken zum Lösen des Rubik’s Cube und wie man einen bereits gebuchten Flug über die Telefon-Hotline der Airline canceln konnte (oder auch nicht).

Erst kurz vor 20 Uhr machten wir uns auf zum heutigen Dinner, welches vom italienischen Gastgeber in der winzigen Küche selbst zubereitet wurde. Der Anblick des mürrisch-kochenden Gastwirts in diesem minikleinen Raum, gequetscht mit einigen bereits wartenden Gästen, war dabei so komisch, dass wir uns vor Lachen nicht halten konnten und uns bei geschlossener Schlafraum-Tür erst einmal auslachen mussten.

Beim italienischen Dinner kam unser Gastgeber dann aber tatsächlich doch etwas aus sich heraus, er aß mit uns gemeinsam und unterhielt sich mit seinen elf internationalen “Gästinnen” und dem einen Gast. Und lecker war es außerdem, buon appetito!

Hasta mañana und Gracias für alle bisherigen Spenden!