Auch heute führte der Weg wieder über grüne Kuhweiden und kleine schattige Wälder, in denen man zwar selten, jedoch ab und an, sogar mal komplett allein unterwegs war.

Kurz vor dem größeren Ort Melide traf ich dann den älteren Italiener von gestern an einer Bar wieder. Ich bestellte ein Stück Kuchen, er einen Espresso, welchen er jedoch innerhalb von wenigen Minuten ausgetrunken hatte und sich dann verabschiedete. Nachdem auch ich dann fertig gegessen hatte, traf ich nur wenige hundert Meter später ebenselbigen Herren mit noch mehr italienischer Begleitung bereits beim nächsten Espresso an – diesmal sogar mit Schuss. Laut eigenen Aussagen tränken die Italiener wohl mindestens fünf Espresso pro Tag, was mir allerdings bei der soeben bewiesenen Frequenz sogar noch untertrieben erschien.

Neben einem offenbar guten Espresso war Melide auf dem Jakobsweg aber vor allem für die typische Pulperia bekannt, in der man auf traditionelle Art Krake (= pulpos, ≠ Kalamares) zubereitete. Im Vorbeigehen wurde mir zur Begrüßung sofort ein Stück Pulpos aus dem kochenden Kessel gereicht, welches tatsächlich einen ganz anderen, würzigen Geschmack hatte als die bekannten Tintenfischringe. Ich sah dennoch davon ab, mir eine ganze Pulpos-Platte einzuverleiben, da mir der Spruch einer Mitpilgern immer noch im Hinterkopf hing, nach welchem sie generell keine Tiere esse, welche intelligenter waren als sie selbst.

So zog ich weiter durch den Ort, spazierte über einen Flohmarkt, welcher von einer vorbeiziehenden Blaskapelle musikalisch unterhalten wurde und besichtigte die Dorfkirche.

Knapp dem beginnenden Nieselregen entgangen, erreichte ich am Nachmittag die öffentliche Herberge von Ribadiso, einem kleinen Vorort von Arzúa. Diese lag idyllisch am Fluss an einer kleinen Brücke, sodass ich von dort aus die vorbeiziehenden Pilger verfolgen konnte. Ironischerweise verfügte die Herberge sogar über eine urige kleine Küche, welche jedoch nicht so aussah, als sei sie in letzter Zeit benutzt worden – was vermutlich daran lag, dass der Ort über keinen Einkaufsladen verfügte, in dem sich ein hungriger Pilger etwas hätte kaufen können, um es dann dort zuzubereiten.

Schlussendlich trafen sich also alle hier gestrandeten Pilger am Abend in kleinen Grüppchen in der einzigen Bar im Ort. An unserem Tisch saß dabei auch einer der “Pilger-Frischlinge”, die erst in Sarria gestartet waren. Als er den Rest des Tisches fragte, ob wir denn hier als Gruppe immer in dieser Runde unterwegs waren, mussten alle lachen. Nein, denn das hier war mal wieder einer der bunt gemixten Camino-Tische – einer kannte den anderen, derjenige hatte seine Tischnachbarin zumindest schonmal gesehen und diese wiederum erklärte dem Pilger-Neuling dann erst einmal, was denn eigentlich ein Pilgermenü ist. Viel zu lernen du noch hast – doch nur noch zwei Tage Zeit..

Hasta mañana und Gracias für alle bisherigen Spenden!