Am Morgen startete ich heute mal wieder etwas früher, lauschte den Rufen des Kuckuck und beobachtete interessiert die Kühe und ihre Kälber auf den Weiden.

Wie mir zudem heute auffiel, hatten sich im Verlauf des Caminos meine Frühstücksgewohnheiten allmählich verändert – da man insbesondere in der vergangenen Woche alle paar Kilometer durch eine Ortschaft kam, erhöhte dies die Anzahl der dort ansässigen Pilger-Bars. Da in jeder davon wiederum das ein oder andere bekannte Gesicht saß, multiplizierte sich die Anzahl der täglichen Frühstücke entsprechend. Vielleicht basierte die Sache mit den Italienern und dem Espresso auf einem ähnlichen Prinzip?

Während des Weges schwanden dann die angeschlagenen Kilometer bis Santiago nur so dahin. Wenn man wollte, hätte man diese sicherlich auch an einem Tag bewältigen können – aber wer wollte das schon?

Als ich dann nach einer Tortilla-Mittagspause wieder aufbrach, hörte ich bereits, wie sich hinter mir die jugendliche Schulklasse näherte. Ich beschleunigte also meinen Schritt, holte dabei eine Holländerin ein, wir gingen ein Stück zusammen, bis es an einer Wegkreuzung zwei Varianten gab weiterzugehen. Während wir noch überlegten, welche wir wählen sollten, rollte die Welle gröhlend-durch-den-Wald-singender Teenager immer näher. Mit großen Augen nahmen alle umstehenden Pilger die Beine in die Hand und machten sich davon. Des Weges immer noch unentschlossen, schlug ich geistesgegenwärtig vor, abzuwarten welchen Weg die Schulklasse einschlagen würde und dann den entsprechend anderen zu gehen. Als die gröhlende Welle dann einstimmig nach links abbog, war es also entschieden.

Ich erklärte der Holländerin, dass man Männer in ähnlich feierfreudiger Laune in Deutschland zum Männertag, alias Christi Himmelfahrt, antreffen könne, welches sie jedoch bezüglich ihrer Landesgenossen nicht bestätigen konnte. Im Gespräch versunken verpassten wir beinahe die Abbiegungen zu unseren jeweiligen Herbergen.

Dort angekommen, teilte ich mir mit Pilgerfreunden eine (letzte) Waschmaschine und im Anschluss steuerten wir die Bar auf der gegenüberliegenden Straßenseite an. Hier erzählte eine andere Pilgerin vom täglichen Pilger-Gottesdienst in der Ortskirche. Da dieser mutmaßlich zum Teil in Englisch stattfinden sollte, machten wir uns am Abend dorthin auf den Weg.

Während der Messe stellte sich jedoch heraus, dass sich der englische Teil nur auf wenige Sätze beschränkte, sodass ich der enthusiastischen Predigt gedanklich kaum folgen konnte. Mein Spanisch war nach wie vor begrenzt und in der Lern-App wiederholte ich seit Tagen gefühlt nur den Satz “Ein Hund und eine Katze trinken Milch”. Aufgrund anderer zustimmend nickender und lachender Pilger schloss ich jedoch darauf, dass die Worte des Priesters gut gewesen sein mussten. Das wenige, was ich verstanden hatte, glich ich danach also mit der mündlichen Zusammenfassung einer Argentinierin ab. Im Groben und Ganzen stimmte es überein – der Priester plädierte dafür, auf dem Jakobsweg nicht nur möglichst viele Stempel zu sammeln, sondern den christlichen Ursprung des Weges und das Wirken Gottes darin zu erkennen.

Bei der anschließenden Nachbesprechung der Messe in der Pizzeria nebenan war man bezüglich des Gottesdienstes geteilter Meinung – während die einen die entspannte Atmosphäre lobten, waren andere der Meinung, dass man etwas mehr Englisch schon hätte erwarten können, welches dem Verständnis der Predigt sehr gut getan hätte. Ich konnte beides zum Teil nachvollziehen – erhoffte mir aber hier einfach das Beste für den Gottesdienst in Santiago. Mal schauen, was uns da morgen erwarten wird.

Hasta mañana und Gracias für alle bisherigen Spenden!